In love with the city
🎶
Halt' mich am Vorne fest –
es fühlt sich wacklig an.
Herzlich willkommen – Neuanfang!
🎶
(Clueso: Neuanfang)
Die ersten 11 Tage in Tokyo sind wie im Flug vergangen, Zeit für ein erstes Resümee:
Tokyo ist bisher großartig zu uns!
Das Essen ist so gut wie erhofft,
die Stadt ruhiger als vermutet,
das Leben so spannend wie erwartet
und die Menschen herzlicher als gedacht.
Zwischen Urlaub und Leben
Der Zustand, in dem wir uns hier befinden, ist ungewohnt für uns. Und schwierig zu benennen.
Irgendetwas zwischen Urlaub und "Leben".
Eigentlich fühlt sich vieles so an, als wären wir im Urlaub. Schließlich waren wir noch nie in Japan und wie Touristen besuchen wir alles zum ersten Mal.
Vor allem den strahlenden Sonnenschein in der ersten Woche nutzten wir für einige Erkundungen der Stadt – wir genossen den Ausblick vom Tokyo Tower, bewunderten den Meiji Schrein, überquerten die bekannte Kreuzung Shibuya Crossing und entdeckten jeden Tag einen neuen Stadtteil: Ginza, Shibuya, Shinjuku, Otemachi, Minato, Chiyoda, Bunkyo.
"Oishii!"
Und wie es sich für Urlauber gehört, futtern wir uns fleißig durch sämtliche japanische Speisen.
Am liebsten würden wir die ganze Zeit "Oishii!" (jap. 大石 = "lecker") rufen. Ehrlich gesagt, machen wir das tatsächlich manchmal, weil man in Japan gerne zum Ausdruck bringt, wenn etwas besonders gut schmeckt!
Und das hat bisher alles – ohne Ausnahme.
Egal, in welchem Restaurant oder welcher Izakaya (jap. 居酒屋 = „Sake-Laden zum Sitzen“) wir gelandet sind, das Essen war mega!
- Die Ramen am allerersten Abend, genauso wie die Ramen der bekannten Restaurantkette "Ichiran", die man per Automat auswählt und dann in einer Art Kabine isst, ohne die Bedienung jemals zu Gesicht zu bekommen.
- Die Soba- oder Udon-Nudeln, ob kalt oder warm, die überall anders schmecken, weil sie mit verschiedensten Brühen und Zutaten zubereitet werden.
- Das Sushi, bei dessen sorgfältiger Zubereitung wir dem Koch wunderbar zusehen konnten.
- Die Yakitori (Spießchen), von denen wir immer wieder nachbestellten, bis unser "kuchisabishi"-Gefühl (= "keinen Hunger haben, aber trotzdem etwas essen, weil der Mund einsam ist") gestillt war.
- Das Gebäck, das dem in Deutschland in nichts nachsteht und im Unterschied zu diesem vollständig belegt oder gefüllt ist und nicht nur der Teil, der in der Auslage zu sehen ist.
- Das japanische Curry vom Food Truck, das wir zur Mittagszeit zwischen all den Büroarbeitern gegessen haben.
- Das Kushikatsu, bei dem die oberste (und einzige Regel) darin besteht, die Spießchen und den Salat nur 1x! in die Soße zu dippen ("No Double Dipping!").
- Oder die Dangos (Reisklöße), die am Feuer geröstet und mit Sojasoße übergossen wurden.
Oder oder oder.
Mein persönliches Highlight:
In Japan gibt es fast jedes Essen mit Ei oben drauf, oft wahlweise roh, weich oder hart.
Man kann hier sogar weiche Eier in jedem Supermarkt kaufen.
Für mich als bekennender Ei-Fan ist das ein wahr gewordener Traum.
Die Restaurant- und Bar-Besuche sind für uns auch immer die beste Gelegenheit, unser Japanisch zu üben und mit den Japanern in Kontakt zu kommen.
Ich wusste ja, dass die Japaner sehr höfliche Menschen sind, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie auf der einen Seite so zurückhaltend-rücksichtsvoll sind (indem sie uns nie besonders beachten und man nie das Gefühl hat, fremd zu sein), aber gleichzeitig so neugierig-hilfsbereit, wenn man mit ihnen dann mal ins Gespräch kommt. Wenn wir z.B. auf einer Speisekarte mal gar nichts verstehen und nach einer Empfehlung fragen, findet sich immer jemand, der uns berät oder uns etwas zeigt oder zum Probieren gibt, auch wenn er kein Wort Englisch spricht.
Orga, Orga, Orga
Neben den klassischen Urlaubsbeschäftigungen haben wir aber auch ne Menge zu organisieren, wir sind hier schließlich nicht zum Urlaub-Machen. Da Uli ab 3. Februar arbeiten wird, nutzen wir die Zeit davor so gut wie möglich, um vieles zu erledigen.
Unsere oberste Priorität hatte dabei die Wohnungssuche. Die gute Nachricht ist ...
... wuhu! Wir haben eine Wohnung!
Ca. 16 Wohnungen haben wir uns angesehen und uns für die schönste entschieden! Eigentlich auch die einzige der 16 Wohnungen, bei der es kein großes "Aber" gab. Dennoch munkelt man, dass es die schönste Wohnung ist, die Team Muli je bewohnt hat.
Die "Abers" der anderen Wohnungen:
- zu klein (45 m² war dann doch zu wenig)
- zu weiter Weg zur U-Bahn
- zu laut
- zu alt
- zu weit weg vom Zentrum
- zu abgenutzt oder schmutzig (vor allem Bad oder Küche)
- zu schlechter Schnitt
- zu wenig schön
Also alles nicht viel anders als bei der Wohnungssuche in Deutschland. Der Unterschied hier ist nur:
Man sieht auf dem Exposé fast nie Bilder von innen, nur vom Grundriss und Gebäude, wodurch man nie weiß, was einen drinnen erwartet.
Außerdem sind die Wohnungen hier deutlich teurer (ja, auch als München), weshalb wir auch Kompromisse eingehen mussten ... und unser geplantes Budget ein bisschen überzogen haben.
Dafür haben wir nun eine wunderbare, frisch renovierte 60 m² große Wohnung, die wir ab 6. Februar beziehen dürfen.
Sie liegt genau zwischen Roppongi (jap. 六本木 = "sechs Bäume") und Akasaka (jap. 赤坂] = "roter Hang") im Stadtteil Minato.
Wir sind im 6. von insgesamt 7 Stockwerken, d.h. wir wohnen für Tokyo-Verhältnisse in einem sehr kleinen Gebäude.
Bis zum Einzug beschäftigen uns jetzt einige weitere Themen:
- Möbel kaufen und bestellen
- Bankkonto eröffnen
- Handyvertrag abschließen
- Internet, Strom und Wasser in der Wohnung klären
- beim Meldeamt registrieren
- meine Arbeitserlaubis beantragen
- an einer Sprachschule anmelden
- ...
Wir bemühen uns, die richtige Balance aus "Urlaub" und "Orga" zu finden. Aber richtiger Urlaub ist es irgendwie eh nie, weil man alles anders wahrnimmt, wenn man weiß, dass man hier leben wird. Und das Schöne ist ja, dass uns die Touri-Sachen nicht weglaufen, wie sonst im Urlaub, wo wir meistens nur ein paar Tage in einer Stadt verbringen und möglichst viel sehen wollen ... Diesmal haben wir noch viel Zeit, um alles zu entdecken.
Trotz alledem waren wir im Leben selten so entspannt, wie wir es momentan sind. Vielleicht liegt es ja an unseren gemütlichen Hotel-Schlafanzügen; wir schlafen hier überraschend viel und fest. Und wir haben deutlich mehr Zeit zum Lesen und Schreiben als sonst. Ich wollte ja eigentlich schon viel früher anfangen, den Blog zu füllen, aber erst seit wir hier sind, komme ich dazu. Das liegt definitiv auch daran, dass man hier weniger Ablenkung hat, als es in Deutschland der Fall war. Durch die Zeitverschiebung ist auf den deutschen Social-Media-Kanälen weniger los, das japanische Fernsehprogramm überfordert uns, im Hotelzimmer muss man nichts putzen oder abspülen und niemand verabredet sich spontan mit einem (was sich aber hoffentlich noch ändern wird).
Und bisher hatten wir noch nie so lange am Stück "Urlaub" in einer einzigen Stadt. Vor allem nach den vielen Monaten voller Planung, scheint uns das richtig gutzutun.
Kommentar schreiben