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Hokkaido: Winter is coming


Das Lied von Schnee und Eis


"Nichts brennt wie die Kälte. Doch nur eine Weile.

Dann kriecht sie in dich hinein und fängt an, dich auszufüllen,

und nach einer Weile hast du keine Kraft mehr, dich zu wehren."
(Gared, Nachtwache, Game of Thrones)


Alle Ähnlichkeiten mit der Saga "Game of Thrones" sind vollständig beabsichtigt und sorgfältig recherchiert.


In einer Zeit, in der die Welt von der todbringenden Pandemie "Garins Fluch" heimgesucht wurde, machten sich auf dem Kontinent Westeros ("Japan") zwei Gefährten auf den Weg gen Norden. Sie flohen vor der zunehmenden Bedrohung durch die Seuche in Königsmund ("Tokyo") und suchten Zuflucht im Norden.


Der Norden

Der Norden – Hokkaidō  [jap. 北海道 = "Nordmeer-Bezirk"] – ist gewaltig und mit 78.500 km² die mit Abstand flächengrößte Region der 8 Königslande von Westeros.

Der Norden wird im Osten und Westen durch große Meere begrenzt: dem Zitternden Meer im Osten ("Pazifischer Ozean") und dem Meer der Abenddämmerung ("Japanisches Meer") im Westen. Verstreut an der Küste liegen zahlreiche Inseln, teils bewohnt, teils unbewohnt. 
An der Tsugaru-Straße verbindet der sagenumwobene Seikan-Tunnel unter dem Meer – mit 54 km übrigens der zweitlängste Tunnel der Welt – den Norden mit den südlichen Flusslanden der japanischen Hauptinsel Honshū.

An der Nordgrenze wurde "die Mauer" errichtet – eine gigantische Grenzbefestigung, die das Reich vor allen Gefahren verteidigen soll, die jenseits der Mauer lauern. Den Geschichten der Alten nach soll die Mauer Westeros vor allem vor den russischen Hornfüßen westlich der Frostfänge schützen, mit denen Westeros seit Jahrzehnten wegen der Besitzansprüche der direkt nordöstlich anschließenden Kurilen im Streit liegt.  

Mit 5,7 Mio. Einwohnern dünn besiedelt, besitzt das Nordreich eine weite Wildnis mit Bergen und Wäldern, breiten Flüssen, aktiven Vulkanen und vereinzelten Dörfern und Befestigungen. Das Klima ist rau und hart, mit hohem Schneefall im Winter. Bei Zeiten schneit es auch im Sommer.

Die Nordmänner stammen von den Ersten Menschen ab, der indigenen Minderheit der Ainu. Die Ainu nennen den Norden "Aynu Mosir" ("Land der Ainu" bzw. "Land der Menschen"). Die permanente Kälte und der eiserne Griff des Winters heben die Menschen des Nordens deutlich von denen südlich des Tunnels ab, das Klima des Nordens bestimmt die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Die im Norden geborenen Menschen nennen sich Dosanko [jap. 道産子 = "in Hokkaidō geborenes Kind"].


Der Winter naht

Zurück zu unseren beiden Abenteurern:

Ihr Weg führte sie zunächst per Drachenflug nach Weißwasser ("Hakodate"), den bedeutendsten Hafen und die südlichste Siedlung des Nordens. Dort gewöhnten sie sich langsam an das raue Klima und stärkten sich mit heißen Suppen und frisch gefangenem Fisch – nach der barbarischen Sitte der Nordmänner wird der Fisch im rohen Zustand verspeist, in der Sprache der Dosanko "Sushi" genannt.

Die erste Herausforderung für unsere Gefährten offenbarte sich in Gestalt des rätselhaften Berges "Hakodate Yama". Während die Nordmänner zur Gipfelbesteigung den Fahrenden Thron ("Seilbahn") nutzten, ernteten unsere zwei Fremden nur verwunderte Blick über ihr Vorhaben, den Gipfel des Berges zu Fuß zu erklimmen. (Durch ihr dauerhaftes Leben in der Kälte hatten die Dosanko kein Verständnis für einen freiwilligen Aufenthalt im Freien übrig.)

Doch trotz des wilden Schneetreibens und der hereinbrechenden Nacht bezwungen unsere Helden den Berg, Schritt für Schritt, wie es sich für ein genügsames Muli gehört. 

Doch ihr Ziel war noch nicht erreicht – den legendären Ausblick auf Weißwasser. Neben den weit entfernten Städten "Hongkong" und "Neapel", die sie nur aus den Erzählungen der Seefahrer kannten, solle es sich bei diesem Ausblick nämlich um eine der drei schönsten Nachtsichten der Welt handeln


Nur beharrliches Warten in der Kälte verhalf den beiden schließlich dazu, dass die Wolken den Blick auf die Siedlung für einen kurzen Moment freigaben. Doch um welchen Preis?

Rettung brachten den Fremden nur die heißen Quellen der Sprudelwasserbucht ("Onsen"), die sie nach ihrem Rückweg aufsuchten, und dieses Ritual auf ihrer Reise durch das Nordreich fast täglich beibehielten.


Das große Fest

"Alles ist viel besser mit etwas Wein im Bauch."

(Tyrion Lannister, Game of Thrones)

 

Als die Zeit der Weihnachtsfeiertage gekommen war, versorgten sich die zwei Gefährten mit den traditionellen Festtags-Speisen: gebratenes Huhn und regionale Süßspeisen (in der Sprache der Nordmänner als "Fried Chicken" und "Christmas Cake" bezeichnet). Die Festtage verbrachte unser Reiseduo gemeinsam mit ihren Familien der Häuser (G)raufreund mit den "rauen" Eisenmännern und Mormont (von der Bäreninsel "Rettenbergen"), die mithilfe des Zaubers des Gottes der Elektrik ("WhatsApp Video-Anruf") herbeigerufen wurden.

 

Die Andalen lauschten gebannt den Erzählungen der beiden Abenteurer und erfuhren so von der korrekten Aussprache des Wortes "Hokkaido" ("ei", nicht "a-i"), dem zu Eis gefrorenen Wechselgeld im Getränkeautomaten und der Tatsache, dass die beiden Weltenbummler im Nordreich Hokkaido noch keinen Kürbis entdecken konnten. 

Es sollten Stunden voller Geschichten und des Lachens werden, begleitet von einer Menge Krüge mit Wein und Whiskey.

Zusammen mit den Bewohnern Weißwassers zelebrierte unser Liebespaar am nächsten Tag erneut das Weihnachtsfest, indem sie den Herrn des Lichts anbeteten.


Die Nordmauer

Gestärkt und ausgeruht begaben sich die Gefährten nun weiter Richtung Norden.

Der Schneesturm gewann die Oberhand, sodass bald kein Drache mehr bereit war, die beiden zu befördern. So mussten sie einen Teil der Strecke mit der langen Kutschen-Karawane zurücklegen, die sie sicher durch das eisige Niemandsland transportierte.

Schließlich erreichten sie die schwarze Festung des Nordens ("Abashiri"). Dort angekommen, mussten die zwei Entdecker feststellen, dass es nicht nur eine Mauer gab, sondern sogar zwei Mauern, die den Norden absicherten. 


Die erste Mauer schützte die Bewohner vor den Wildlingen – in Form einer Gefängnismauer. Das Gefängnis Abashiri war berüchtigt in ganz Westeros. Abgesehen von der Todesstrafe war die Haft im Gefängnis Abashiri die härteste Strafe, die ein Verbrecher in der Meiji-Zeit erhalten konnte. 

Ab den 1890er Jahren wurden Kriminelle ‒ darunter auch politische Gefangene ‒ nach Abashiri geschickt, um das Gefängnis mit den eigenen Händen zu erbauen. Zum Schutz gegen eine Invasion der russischen Hornfüße wurden die Insassen außerdem gezwungen, die erste Straße nach Winterfell ("Sapporo") zu bauen. Nur ein Gefangener konnte jemals aus dem Gefängnis fliehen (dies gelang ihm gleich zweimal).

 

Die zweite Mauer offenbarte sich als das gefürchtete Meer der Nordküste, das Ochotskische Meer. In bestimmten Wintermonaten belegt Packeis die Meeresoberfläche, wodurch das Meer unpassierbar wird. Als unsere zwei Abenteurer die Mauer erreichten, war noch kein Treibeis in Sicht – ein Zeichen dafür, dass der Winter (und mit ihm die Bedrohung durch die Weißen Wanderer) den Norden noch nicht vollständig vereinnahmt hatte. 


Auf dem Königsweg

Nun begann für die Gemeinschaft der Liebe das größte Abenteuer ihrer Reise. Sie machten sich mit einem Vierbeiner auf den Weg ins 350 km entfernt liegende Winterfell ("Sapporo"), die größte Siedlung des Nordens. 

Zwei Tagesritte benötigten sie für ihr Vorhaben. Sie ritten vorbei an flachen Tälern und schneebedeckten Bergen. Sie staunten über verzauberte Flüsse und Seen, deren Wasser blau wie funkelnde Saphire leuchtete. 

Ab und an kreuzte der Königsweg kleine Flüsse, über die Brücken führten, oder Burgen und Wirtshäuser, die Speis und Trank feilboten oder gegen wenige Kupferstücke heiße Quellen zur Verfügung stellten, an denen sich unsere Reisenden wärmen konnten.

Die Reise unserer Südlinge war stets begleitet von Schnee, der ihnen die Sicht raubte, und den seltsamen Verkehrsregeln der Nordmänner, wie das Befahren der Wege auf der falschen Seite oder das Platzieren der Ampeln hinter statt vor der Kreuzung. An manchen Stellen knöpfte ihnen die Nordwache Wege-Maut ab, im Gegenzug durften sie unbeschadet passieren.  

Auf ihrem Ritt begegneten sie wilden Füchsen, riesigen Adlern und einer Festung, in der die Nordmänner gezähmte Wildtiere hielten und stolz zur Schau stellten. Besonders imposant waren die unsichtbaren Schneeeulen und die schüchternen Pinguine, die in einer täglichen Parade dem neugierigen Publikum präsentiert wurden.


In Winterfell

Es war stockdunkel geworden, als die beiden schließlich Winterfell ("Sapporo"), die Hauptfestung des Nordens (mit fast 2 Mio. Einwohnern), erreichten. Im Allgemeinen gilt die Festung (besonders im Winter) als sehr schwer bis unmöglich einzunehmen. Die Burg wurde auf heißen Quellen errichtet, welche sie sogar in den furchtbarsten Wintern warmhält. 

Winterfell war vor allem für sein selbstgebrautes alkoholisches Getränk und das jährliches Schneefestival bekannt, bei dem eingeladene Künstler*innen eindrucksvolle Skulpturen aus Schnee und Eis gestalten. Doch aufgrund der Seuche und der Angst vor weiteren Flüchen, mit denen sie die Götter des Waldes bestrafen könnten, wagten die Nordmänner nicht, das Fest auszuüben, sondern hielten sich lieber in der Sicherheit und Wärme der eigenen vier Wände auf.

Wie unsere beiden Reisenden es von ihren Vorfahren und deren Vorfahren gelernt hatten, begaben sie sich in der Neujahrsnacht kurz vor Mitternacht ins Freie – auf den Dorfplatz Winterfells, auf dem die metergroße Weltuhr das neue Jahr einleiten sollte. Doch die Kälte des Nordens und die anhaltende Seuche ließ den Norden und seine Menschen anders ticken. So begab es sich, dass unsere beiden Helden zu dieser Uhrzeit die einzigen Menschen weit und breit waren. Um nicht aufzufallen, verließen auch sie schnell die verlassenen Straßen wieder und begossen das neue Jahr mit heißem Met.

Am Neujahrestag mischten sie sich unauffällig unter die Nordmänner, um am Tempel die Götter um Gnade und das Ende des Fluchs anzuflehen.


Flucht aus der Kälte

Die nächsten Tage wurden von einer Kältewelle beherrscht, die ganz Westeros überfiel.

Kombiniert mit der ungewöhnlichen Tatsache, dass viele Bewohner Westeros – so auch das Gasthaus, das unsere beiden Gefährten beherbergte – für zwei Tage ihre Läden schlossen, kam der Moment, an dem einer der beiden Gefährten zum Helden werden musste: Trotz der Eiseskälte begab er sich hinaus, um durch den Erwerb eines heißen Bohnengetränks das Überleben der beiden zu sichern. Nicht nur einmal, nein, gleich zweimal riskierte er so sein Leben für seine Königin.

Doch auch seine Wärme-Reserven waren nun aufgebraucht. Unser Reiseduo hatte genügend Abenteuer erlebt und war bereit, in seine kleine Festung in Königsmund zurückzukehren.


An dieser Stelle verlassen wir nun unsere zwei Helden.
Doch ich bin mir sicher, dass wir auch in diesem Jahr noch von dem ein oder anderen Abenteuer der beiden lesen werden.


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Kommentare: 2
  • #1

    Maria (Sonntag, 10 Januar 2021 13:57)

    Wie gut zu hören, dass der eiskalte Norden diese beiden tapferen Gefährten wieder frei gegeben und sicher in den warmen Süden entlassen hat.
    Top! Macht wie immer sehr großen Spaß zu lesen. Danke, Melli.

  • #2

    Lissi (Sonntag, 10 Januar 2021 19:44)

    Dem Komentar von Maria kann ich nur zustimmen. Ich hoffe die Götter erhören euer Flehen und die Seuche verschwindet bald.
    Für euer 2. Jahr in Japan wünsch ich euch noch viele schöne Abenteuer.