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Wandern in Nikko


Wander-Wochenende in der "Sonnenschein-Stadt" Nikko


🎶

Ich lehne mich zurück

und guck ins tiefe Blau.

Schließ die Augen

und lauf einfach geradeaus.

🎶

(Peter Fox: Haus am See)


Eigentlich hätte unser Wander-Wochenende in Nikko eine Art Bootcamp für die Besteigung des Fuji-san werden sollen, aber leider haben wir vor Kurzem erfahren, dass der Fuji-San corona-bedingt diesen Sommer nicht bestiegen werden darf. Einerseits schadet es dem guten alten Fuji-san keinesfalls, mal ein Jahr regenerieren zu können, aber in Anbetracht dessen, dass dieses Jahr ja eh keine Touristen, sondern nur in Japan lebende Menschen hochgegangen wären, wäre es mir lieber gewesen, man hätte die Wanderwege diesen Sommer offen gelassen, um den zu erwartenden Ansturm für nächstes Jahr zu mindern.


Unterscheidet sich das Wandern in Japan vom Wandern in Deutschland?

Das Schöne am Wandern ist ja, dass man das Hobby fast überall auf der Welt ausüben kann. Und vieles ist beim Wandern in Japan auch genau so, wie wir es aus Deutschland gewohnt sind:

  1. Auch in Japan geht man gerne "in den Alpen" wandern. Denn auf der Hauptinsel Japans gibt es eine Gebirgskette, die den Namen "Japanische Alpen" trägt.
  2. Man grüßt sich, wenn man sich auf Wanderwegen begegnet.
  3. Beliebte Wanderwege sind überfüllt, vor allem am Wochenende und an Feiertagen.
  4. Man begegnet auf jeder Tour Wanderern, die viel besser ausgerüstet sind als man selbst, aber auch genügend Leute, die ungeeignete Kleidung tragen, und dann natürlich noch die, die einen einfach barfuß oder in Sandalen überholen und so aussehen, als würden sie den Berg jeden Tag einmal hoch- und runter"joggen".
  5. Die Wanderwege sind super beschildert und in sehr gutem Zustand.
  6. Am Gipfel und an Plätzen mit schöner Aussicht wird ausgiebig Rast gemacht und die mitgebrachte Brotzeit verzehrt.
  7. Nach der Wanderung lässt man gerne seine Füße in einen See oder Fluss baumeln.

Es gibt aber auch Unterschiede:

  1. Wegen der Bären haben viele Japaner beim Wandern ein Glöckchen am Rucksack hängen, das permanent bimmelt (ein wenig nervig, wenn man solche Wanderer in Gegenden, in denen es keine Bären gibt, in seiner Nähe hat).
  2. Ach ja, man kann in Japan Bären begegnen!
  3. Die Gipfel-Brotzeit besteht nicht aus Obatzda und Radieschen, sondern einer Bento-Box oder eine Nudel-Cup, die man mit heißem Wasser aus der Thermoskanne zubereitet.
  4. Es gibt nicht nur "normale" Wanderwege, sondern auch Kultur-Wanderungen und Pilgerwege, die einen an historischen Schätzen oder heiligen Stätten entlang führen.
  5. Die heißen Temperaturen im Sommer erschweren das Wandern in Japan dann doch ziemlich, weshalb wir den verbleibenden Frühling unbedingt noch für weitere Wanderungen nutzen müssen.

Nikko – die Sonnenschein-Stadt

Der Ort Nikkō (jap. 日光 = "Sonne" + "Schein"), ca. 140 km nördlich von Tokyo, wird seinem wunderschönen Namen absolut gerecht. Denn auch wenn hier mal nicht die Sonne scheinen sollte, hat die Stadt umgeben von Bergen, Flüssen und Seen ein besonders schönes Plätzchen auf der Erde erwischt.

 

Die Sehenswürdigkeiten der Stadt (wie der Nikkō Tōshō-gū oder der Futarasan-Schrein inkl. Fassadenschnitzerei mit den berühmten drei Affen, die nichts sehen, hören und sagen – das Wahrzeichen Nikkos) waren bei unserem Besuch der Stadt zwar wegen Corona geschlossen, aber wir sind ja auch wegen der Natur nach Nikko gekommen.

 

Und in Nikko gibt es genügend Naturphänomene oder andere frei zugängliche Schönheiten


Die Shinkyō Bridge (jap. 神橋 = "heilig" + "Brücke"), von Uli liebevoll "Schinkenbrücke" genannt, markiert den Eingang zum Areal des Futarasan Schrein. Begehen kann man die Brücke aber nicht

 

Bekannt ist die Brücke vor allem als beliebtes Fotomotiv. Einer der Gründe dafür ist, dass der Hintergrund je nach Jahreszeit komplett anders aussieht, da der Wald hinter der Brücke eine bunte Mischung aus Bäumen und Pflanzen darstellt und deshalb je nach Jahreszeit ein anderes Farbenspiel bietet.

 

Nur einer der vielen Gründe zu einer anderen Jahreszeit nochmal nach Nikko zu fahren.


Der Sonnenuntergang am Chūzenji-See war einer der magischsten Momente, den ich bisher in Japan erleben durfte: Keine Touristen, alle Restaurants und Läden waren geschlossen. Es gab nur uns und den See, der von völliger Stille umgeben war.


Mit einer Fallhöhe von 97 Metern zählen die Kegon-Fälle zu den schönsten Wasserfällen Japans. Sie sind einer der "Nihon sanmeibaku" ("Die Drei berühmten Wasserfälle Japans“). Mit einem Aufzug kann man zu einer Aussichtsplattform hinunterfahren und die Kraft des Wassers aus nächster Nähe bestaunen.

Aber eigentlich sind wir ja zum Wandern nach Nikko gekommen.

 

Also:


2 Tage – 2 Touren

Die 1. Tour führte uns hoch auf 1.200 Meter, den Gipfel des Mount Nakimushi (jap. 鳴虫 = "Singvogel"). Mit ständigem Hoch und Runter beinhaltete der Wanderweg jedoch nicht nur den einen Gipfel, sondern noch drei weitere Gipfel, die jeweils eine Stunde Fußmarsch voneinander entfernt lagen. Von jedem Gipfel aus hat man einen fantastischen Blick auf Nikko, die umliegenden Berge oder den Chūzenji-See. Eine ziemlich abwechslungsreiche Wandertour, aber auch eine ziemlich anstrengende.


Bei der 2. Tour hatten wir kaum Höhenmeter zu meistern, dennoch erforderte sie durch die Dauer und die wenigen Schattenplätze all unsere Energie. Die Wanderung führte uns kreuz und quer durch den Nikkō Nationalpark und seine verschiedenen Vegetationszonen: an den Ryūzu-Fällen (jap. 龍頭滝 = "Drachenkopf" "+ "Wasserfall") vorbei, den Yu-Fluss entlang mitten durch das Hochplateau und Sumpfgebiet Senjogahara. Leider haben wir keinen Bären gesehen, aber hey, dafür haben einige Kröten unseren Weg gekreuzt.


Zum perfekten Wochenende hätte nur noch ein Onsen-Besuch gefehlt, aber auch die Onsens waren wegen Corona geschlossen.

 

Dann eben beim nächsten Nikko-Besuch im Herbst!


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Kommentare: 1
  • #1

    Maria (Samstag, 06 Juni 2020 15:23)

    Im Sonnen-Schein wandern, den Singvogel erklimmen und dann vor der Schinkenbrücke Brotzeit machen. Da schmeckts. Fast wie in den Alpen.