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Die japanische Aussprache und Schrift


Überblick über die Aussprache und die vier Schriftsysteme des Japanischen


🎶

Wer hat das abgestimmt? Wer hat das vorgeschlagen?

Ich glaub es stimmt, bestimmt, aber ich wollte doch mal fragen, sag mal:

Ist das so, ich meine muss das so?

Ist das so, ich meine muss das so?

Ist das so, ich meine muss das so?

Ist das so, oder ist es vielleicht viel leichter?

🎶

(Wir sind Helden: Ist das so?)


Betrachtet man nur den japanischen Wortschatz sowie die Grammatik könnte man meinen, Japanisch zu lernen sei nicht sonderlich schwierig. Bis auf ein paar spezielle Hürden klingt das nach einer logischen Sprache.

 

Aber ich muss euch enttäuschen: Man darf die Rechnung nicht ohne die Schrift machen. Leider besitzt das Japanische vier verschiedene Schriftsysteme (als vielleicht einzige Sprache?), die alle gleichzeitig genutzt werden.

Warum, wieso und überhaupt, erfahrt ihr gleich. Aber zunächst widmen wir uns noch etwas Einfacherem: der japanischen Aussprache.


Die japanische Silbensprache

Japanisch ist eine Silbensprache: Jede Silbe besteht im Großen und Ganzen aus einem Konsonanten und einem darauffolgenden Vokal (a, e, i, o, u). Mit Ausnahme des "n" kann kein Konsonant in einer Silbe alleine stehen. 

 

Am verständlichsten wird es, wenn man ein paar Beispiele betrachtet:

Ko-n-ni-chi-wa, sa-yoo-na-ra, Ma-n-ga, su-shi, ra-me-n, ...

 

Überlegt mal, welche japanischen Wörter, (Restaurant-)Namen oder Gerichte ihr kennt. Bestimmt hat jede Silbe dieser Wörter einen Vokal am Ende (oder eben ein "n").

 

Auch Lehnwörter aus anderen Sprachen werden im Japanischen an diese Silbensprache angepasst, indem die Wörter überall, wo es nötig ist, mit sogenannten Füllvokalen (meistens u) aufgefüllt werden:  

"hotel" wird zu "ho-te-ru", "beer" zu "bii-ru", "Arbeit" zu "ar-u-ba-i-to" (hat im Japanischen übrigens die Bedeutung "Teilzeitarbeit"), "ice cream" wird zu "a-i-su-ku-rii-mu" usw.

 

Aus nicht-japanischen Wörter japanisch-klingende zu machen, ist übrigens einfacher als andersherum (leider braucht man es immer andersherum). Wisst ihr z.B. was das folgende Wort bedeutet?

 

"di-zu-nii-ra-n-do"

 

Nein? Das ist die japanische Aussprache von "Disneyland". 

Nicht zu verwechseln mit: "ni-u-jii-ra-n-do" ("New Zealand").

 

In meinen ersten Wochen hier in Tokyo habe ich im japanischen Fernsehen eine Kindersendung angeschaut, bei der japanische Kinder Englisch gelernt haben. Dort wurde am Wort "room" geübt, dass man es im Englischen nicht "ru-mu" ausspricht, wie man es in Japan gewohnt ist, sondern eben "ruuM". In der Sendung fiel es den Kindern überhaupt nicht leicht, den Mund am Ende des Wortes zuzumachen. Und da die Japaner sogar ausländische Wörter an ihre japanische Aussprache anpassen, haben sie große Schwierigkeiten mit der englischen Aussprache, wenn sie irgendwann (wenn überhaupt) anfangen, Englisch zu lernen.

 

Diese Sendung war einerseits sehr süß anzusehen, aber andererseits auch sehr aufschlussreich über diese besondere Aussprache im Japanischen.


Die japanischen Silben und Laute

Das Japanische ist eine recht lautarme Sprache (puh, wenigstens etwas): Es gibt nur 5 Vokale und 17 Konsonanten, die zu folgenden Silben zusammengefügt werden:

  a i u e o  
  a i u e o  
k ka ki ku ke ko  
g ga gi gu ge go  
s sa shi su se so  

*z

za *ji zu ze zo  

t

ta

*chi

tsu te to  

d

da

*dchi

dsu de do  
n na ni nu ne no n
ha hi h/fu he ha  
ba bi bu be ba  
pa pi pu pe pa  
ma mi mu me mo  

*y

ya   yu   yo  
r ra ri ru re ro  

*w

wa       wo  

*z = Aussprache: stimmhaftes <s>

*ji = Aussprache: <tschi> [wie chi]

*chi = Aussprache: <tschi> [wie ji]

*dchi = Aussprache: <dschi> [im Grund genommen wie ji und chi]

*y = Aussprache: <j> [wie in Jahr]

*w = Aussprache: <ua>


Im Unterschied zum Chinesischen (einer sogenannten Tonsprache) ist die Betonung und Aussprache im Japanischen nicht entscheidend für die Bedeutung eines Wortes. 

 

Im Buch "Japanisch. Schritt für Schritt" heißt es: "Da sie keinen klaren Betonungsakzent hat, fehlt es der japanischen Sprache für unsere Ohren an Rhythmus. Sie klingt sozusagen wie ein dahinplätschernder Bach." Positiver ausgedrückt: Man muss beim Japanisch-Lernen kein besonderes Augenmerk auf die Aussprache und Betonung legen, je gleichmäßiger man spricht, desto besser.

 

Dennoch gibt es bei den Lauten einige Unterschiede zum Deutschen:

  1. Ob man im Japanischen kein <r> oder kein <l> spricht, darüber sind sich die Japaner nicht einig. Tatsache ist, dass es weder den einen noch den anderen Laut gibt, so wie wir ihn kennen, sondern stattdessen einen Mischlaut. Verglichen mit der deutschen Sprache, ähnelt der Laut mehr einem <r>, welches man aber mit der Zunge oben am Gaumen ausspricht (wie beim <d>).
  2. Auch den Laut <f> gibt es im Japanischen nicht. Lediglich in der Kombination mit <u> wird der Konsonant <h> zu einem Mischlaut aus <h> und <f>.
  3. Wie z.B. im Hochdeutschen und Englischen unterscheidet man auch im Japanischen zwischen einem stimmlosen <s> und einem stimmhaften <z>. Wir aus Bayern haben damit oft Probleme, da wir das stimmhafte <z> meist nicht nutzen. 

Aber das Gute ist: Auch wenn man bei der japanischen Aussprache und Betonung Fehler macht, wird man in der Regel dennoch verstanden und im Gegensatz zum Chinesischen führt eine falsche Aussprache nicht direkt zu einer anderen Bedeutung des Wortes.


Die 4 Schriftsysteme im Japanischen einfach erklärt

Kommen wir zu einer der größten Schwierigkeiten des Japanischen: der Schrift.

 

Die japanische Schrift setzt sich eigentlich aus drei verschiedenen Schriften zusammen, die alle koexistieren: 

zwei Silbenschriften (Hiragana und Katakana) mit je 46 Zeichen), und die Kanji (ca. 6.000 Zeichen, aber nur ca. 3.000 werden regelmäßig verwendet). Diese drei Schriften werden alle drei gleichermaßen verwendet und können beispielsweise in einem Satz alle drei vorkommen. 

Zusätzlich wird als 4. Schrift auch noch das lateinische Alphabet mitgenutzt, die sogenannte Romaji-Schrift


1. Die Hiragana

Die Hiragana (平仮名 = einfach/allgemein + vorläufig/Ersatz + Bezeichnung) sind die japanischen Schriftzeichen, mit denen man alle japanischen Silben (siehe Tabelle oben) aufschreiben kann.

 

Bis die Chinesen und Koreaner im 5. Jhdt. nach Japan kamen, besaß Japan noch keine eigene Schrift, aber bereits ihr phonetisches Silbenalphabet, d.h. ihre eigene Silbensprache. Um diese Silbensprache in Schrift umzusetzen, wurden chinesische Schriftzeichen als Grundlage verwendet, aber sehr vereinfacht und an die japanischen Bedürfnisse angepasst. Das erklärt auch die Bedeutung der Wortes Hiragana: Die Hiragana sind vereinfachte Bezeichnungen als Ersatz für die chinesischen Zeichen. 

 

So sehen die Hiragana aus: 

  a i u e o  
   
k  
g  
s  
z  
t  
d  
n
 
 
 
 
y      
r  
w        

Dazu kommen noch ein paar Abwandlungen, um z.B. auszudrücken, dass ein Laut kurz gesprochen wird oder dass zwei Laute miteinander verschmelzen etc.


Kleine Übung zu den Hiragana

Mit den Hiragana kann man theoretisch alle japanischen Wörter lesen und schreiben. (Warum nur theoretisch, werdet ihr später verstehen.)

 

Kleine Übung gefällig?

 

Wie lauten die folgenden 8 Wörter?

(Ihr kennt die Begriffe alle, denn das sind alles japanische Wörter, die wir auch im Deutschen verwenden.)

Damit ihr nicht so viel scrollen müsst, habe ich euch die verwendeten Hiragana drunter nochmal aufgelistet:

  1. ぼんさい
  2. からて
  3. こい
  4. すし
  5. さむらい
  6. つなみ
  7. みかど
  8. さしみ

い=i, か=ka, こ=ko, さ=sa, し=shi, す=su,  つ=tsu,て=te, ど=do, な=na, ん=n, ぼ=bo, み=mi, む=mu, ら=ra

 

Na, konntet ihr alle Wörter lesen?

 

Hier kommt die Auflösung:

  1. ぼんさい = Bonsai
  2. からて= Karate
  3. こい = Koi
  4. すし = Sushi
  5. さむらい = Samurai
  6. つなみ = Tsunami
  7. みかど = Mikado
  8. さしみ = Sashimi

Die Hiragana lernen & behalten

Um die Hiragana zu lernen, hilft es am Anfang immens, sich Eselsbrücken und Merkwörter für jedes Zeichen zu überlegen. Im Hiragana し ("shi") erkennt man beispielsweise die Ski-Schanze, im ヘ ("he") einen Henkel, im こ ("ko") einen Korb und im た ("ta") wird der Korb vom Tabak-Bauern getragen, nachdem er die Tabakpflanzen mit seinem Dolch geerntet hat. Je absurder oder lustiger die Metapher ist, desto besser kann man sich das Zeichen merken.

 

Uli und ich nutzten zum Lernen der Hiragana das Buch "Die Kana lernen und behalten", in dem jedes Hiragana mit kleinen Geschichten und Assoziationen vorgestellt wird, sowie die App "Hiragana Quest" von "Go! Go! Nihon", um die richtige Schreibweise der Hiragana zu trainieren.

 

Irgendwann automatisiert sich das Lesen und Schreiben der Hiragana, aber am Anfang war es eine wertvolle Stütze, Assoziationen zu haben, die ich übrigens immer noch anwende, wenn mal seltenere Hiragana auftauchen. Denn wie in jeder Sprache wird nicht jedes Schriftzeichen gleich häufig genutzt.  


2. Die Katakana

Kommen wir zur 2. Silbenschrift, den Katakana (片仮名 = Teil + vorläufig/Ersatz + Bezeichnung), deren Silben und Laute identisch sind zu den Hiragana.

 

Aber die Zeichen unterscheiden sich, sie sind ein wenig schlichter als die Hiragana – einerseits einfacher zu schreiben, andererseits schwieriger zu unterscheiden, weil sie sich oft sehr ähnlich sind. Auch die Katakana basieren auf den chinesischen Kanji, aber im Gegensatz zu den Hiragana wurden diesmal die Kanji nicht vereinfacht, sondern es wurden nur einzelne Fragmente ("kata") daraus extrahiert. Deshalb sind die Katakana auch deutlich kantiger als die eher runden, weichen Hiragana-Striche.

 

Wenn nun die Silben und Laute identisch mit denen der Hiragana sind: Wozu gibt es nun diese 2. Schrift?

Die Antwort ist einfach: In Hiragana werden alle rein-japanischen Wörter geschrieben, in Katakana alle Wörter, die keinen japanischen Ursprung haben, also alle Fremdwörter und Lehnwörter. Die Katakana werden deshalb beispielsweise für andere Länder, ausländisches Essen, Marken oder nicht-japanische Namen verwendet.

 

Die Katakana sehen folgendermaßen aus:

  a i u e o  
   
k  
g  
s  
z  
t  
d  
n
 
 
 
 
y      
r  
w        

+ Dehnungszeichen: ー

 

Auch bei den Katakana kommen noch ein paar Abwandlungen dazu, um auszudrücken, dass ein Laut kurz gesprochen wird oder dass zwei Laute miteinander verschmelzen etc., aber die Regeln sind identisch mit denen der Hiragana.


Kleine Übung zu den Katakana

Bereit für eine weitere Übung?

 

Aber Achtung, diesmal wird es schwieriger, weil ihr auch noch das Original-Wort "erkennen" müsst, nachdem ihr die Silben entziffert habt:

  1. カメラ
  2. プレゼント
  3. オーストラリア
  4. スキー
  5. ピザ

ア=a, オ=o, カ=ka, キ=ki, ス=su, ザ=za, ゼ=ze, ト=to, ン=n, ピ=pi, プ=pu, メ=me, ラ=ra, リ=ri, レ=re, ー(Dehnungszeichen) 

 

Die Auflösung: 

  1. カメラ ("kamera") = camera, Kamera
  2. プレゼント ("purezento") = present, Geschenk
  3. オーストラリア ("oosutoraria") = Australia, Australien
  4. スキー ("sukii") = Ski
  5. ピザ ("piza") = Pizza

Die Katakana lernen & behalten

 

Auch die Katakana zu lernen, ist mit etwas Geduld machbar. Wie bei den Hiragana gilt: Ein Merkwort hilft, sonst vergisst man das Zeichen irgendwann wieder, denn die Katakana werden im Alltag weniger genutzt als die Hiragana. Was das Katakana-Lernen erschwert, ist, dass man für die gleichen Laute ja bereits Assoziationen für die Hiragana ausgewählt hat und man nun für die gleiche Silbe eine weitere benötigt.

 

Uli und ich lernten die Katakana genauso wie die Hiragana mit dem Buch "Die Kana lernen und behalten" sowie der App "Hiragana Quest" von "Go! Go! Nihon" mit dem Prinzip der Assoziationen: Könnt ihr im Katakanaト ("to") den stehenden Mann vor der Toilette erkennen? Und im ヒ ("hi") den Bären, der auf seinem Hinterteil sitzt?

 

Bei sehr ähnlich aussehenden Katakana hilft es sich die Herkunft und/oder Schreibrichtung der Zeichen genauer anzusehen: Z.B. handelt es sich bei den sehr ähnlich aussehenden Katakana ツ ("tsu") und シ ("shi") um reduzierte Darstellungen der entsprechenden Hiragana:

  • つ ➡️ ツ ("tsu"): wie in der Tsunami-Welle beim Hiragana つ, macht man die 2 kleinen Striche von links nach rechts, dann den Bogen von rechts oben nach links unten
  • し ➡️ シ ("shi"): wie bei der Skischanze im Hiragana し, macht man die zwei kleinen Striche von oben nach unten und dann den längeren Strich von links nach rechts)

Das Gute an den Katakana-Wörtern ist, dass man diese Vokabeln eigentlich nicht lernen muss, weil man die Originalwörter meistens kennt, da es häufig englische Wörter oder Markennamen sind, die wir im Deutschen genauso verwenden. 

 

Das Schwierige an den Katakana ist, das Originalwort nach seiner Anpassung an die japanischen Silbensprache noch wieder zu erkennen (siehe Disneyland-Beispiel oben).


Mit den Hiragana und Katakana kann man nun theoretisch alle in Japan verwendeten Wörter schreiben, ob rein-japanisch oder Fremdwort. Denn alle Silben, die man im Japanischen spricht, kann man ja dadurch ausdrücken.

 

Doch Japanisch-Lesen kann man dadurch noch lange nicht.


3. Die Kanjis

Statt einfach alle Wörter in ihren Sprechsilben zu schreiben, verwenden die Japaner mit den Kanji noch eine dritte Schrift: diesmal eine Schrift, die aus Wortzeichen (sogenannten Logogrammen) besteht.

 

Auch die japanischen Kanji stammen ursprünglich aus dem Chinesischen und sind im Gegensatz zu den Hiragana und Katakana keine Silbenschrift, sondern eine Art "Bild-Wörter-Schrift": Jedes Zeichen steht für einen Inhalt mit einer eigenen Bedeutung.

 

Insgesamt gibt es im Japanischen ca. 6.000 genutzte Kanji, aber angeblich kann man bereits mit 500 Kanji 5080 % der japanischen Texte verstehen. 


Manche Kanji sind in ihrem Aufbau eher einfach und stellen wie Piktogramme einen Gegenstand bildlich dar, z.B.:

木 = Baum

田 = Reisfeld

 

Andere dagegen sind sehr abstrakt und man kann von ihrem Aussehen überhaupt nicht auf irgendeine Bedeutung schließen, z.B.:

勉強 = lernen

 

Das einfachste Kanji besteht aus nur einem Strich: 

一 = eins

 

Das komplizierteste aus 29 Einzelstrichen: 

鬱 = Schwermut

 

Oft werden Kanji auch zu weiteren Wörtern kombiniert, was das Lernen der Kanji und der Vokabeln erleichtert, siehe dazu auch meinen Artikel zum Vokabeln-Lernen, z.B.:

 

日 = Tag/Sonne

月 = Mond

今 = jetzt

 

➡️ 明 = hell 

➡️ 今日 = heute

➡️ 明日 = morgen

 


Kleine Übung zu den Kanji

Als spielerische Übung habe ich ein paar einfache, bildliche Kanji für euch ausgewählt.

 

Welche Bedeutung könnten diese Kanji haben?  

Die Auflösung:  

  1. 山 = Berg
  2. 川 = Fluss
  3. 二 = zwei
  4. 人 = Mensch
  5. 木 = Baum
  6. 水 = Wasser
  7. 火 = Feuer
  8. 雨 = Regen

 

Und könnt ihr darauf aufbauend auch die folgenden Wörter ableiten? 

  1. 火山
  2. 雨水
  3. 休 (人 + 木)

Lösung: 

  1. 火山 (Feuer + Berg) = Vulkan
  2. 雨水 (Regen + Wasser) = Regenwasser (ja, manchmal ist es so einfach)
  3. 休 [人 + 木] (Mensch + Baum) = ausruhen

Kanji lesen

Wie wir jetzt verstanden haben, hat jedes Kanji eine bestimmte Bedeutung, wie z.B. 月 = Mond oder 今 = jetzt.

 

Aber man muss ein Kanji ja auch noch auf Japanisch "lesen" können, das heißt das entsprechende japanische Wort oder den Satz, bestehend aus Kanji, richtig aussprechen. 

 

Jedes Kanji hat in der Regel mehrere Lesearten, meistens eine aus dem Chinesischen stammende (on-Lesung) und eine rein-japanische (kun-Lesung), z.B.:

Kanji Bedeutung on-Lesung kun-Lesung Beispiele
Tag, Sonne "ni", "nichi" "bi", "hi", "ka"

"Nihon" (Japan)

"mai nichi" (jeden Tag)

"haha no hi" (Muttertag)

jetzt "kon" "ima"

"ima" (jetzt)

"konban" (diesen Abend)


Die Kanji lernen & behalten

Während das Hiragana- und Katakana-Lernen mit der begrenzen Anzahl an Zeichen noch recht überschaubar ist und deshalb die Lernmethode keine so große Rolle spielt, wird es bei den Kanji schwierig, da man ja ca. 500–2.000 Kanji lernen sollte und diese ja sowohl eine inhaltliche "Bedeutung" haben als auch verschiedene Lesungen. Zudem sind sie in ihrer Schreibung deutlich komplexer als die Hiragana und Katakana.

 

Die Japaner lernen die Kanji klassischerweise von klein auf durch Auswendiglernen, Immer-wieder-Lesen und Immer-Wieder-Schreiben. Und da die Japaner es alle so gelernt haben, geben es auch die Japanisch-Lehrenden so an ihre Schüler weiter. In meinen normalen Japanisch-Unterrichtsbüchern wird einfach in jedem Kapitel eine bestimmte Anzahl an Kanji – zusammen mit den verschiedenen Lesungen sowie Beispielwörtern – vorgestellt. Diese muss man zur Übung immer wieder schreiben und in verschiedenen Wörtern und Sätzen lesen. Die Auswahl der Kanji erfolgt nach ihrer Wichtigkeit und Frequenz in der Verwendung der Kanji. So gibt es beispielsweise einen Kanon von ca. 100 Kanji, die als wichtig für den Alltag erachtet werden und z.B. in der ersten Stufe des offiziellen japanischen Sprachtests abgefragt werden. Mit diesen 100 Kanji startet gewöhnlich jedes Japanisch-Lernbuch.

 

Doch diese Form der Lernmethode trägt nur schwer zur langfristigen Beibehaltung der Kanji bei. Denn uns Nicht-Japaner stellt das Kanji-Lernen vor eine große Herausforderung. Die Autoren des Buches "Die Kanji lernen und behalten" haben sich mit diesem Phänomen auseinandergesetzt und schreiben in ihrem Vorwort, dass es ganz natürlich sei, die Kanji immer wieder zu vergessen, da es uns an einem Bezug zu den normalen Mustern des optischen Gedächtnisses mangelt. Die Welt der Kanji unterscheidet sich zu sehr von den optischen Reizen, die wir als Nicht-Japaner tagein tagaus sehen. Vor allem das Schreiben der Kanji gilt deshalb für einen Nicht-Muttersprachler aus Sicht der Japaner "eigentlich" als unmachbar.

 

Die Autoren des Buches sind da anderer Meinung und arbeiten mit ihrer ganz eigenen Methode, dem "Heisig`schen System", mit dem Uli und ich bereits die Hiragana und Katakana erlernt haben: durch Schlüsselwörter und Assoziationen wird das erfinderische Gedächtnis aktiviert, das sich an im Geiste geschaffene Bilder erinnert, ohne dass ihnen tatsächliche optische Bilder zugrunde liegen. So wird jedes Kanji mit seiner Bedeutung und Schreibweise mittels Schlüsselwörter erlernt. 

 

Mit der Heisig`schen Methode lernt man aber erstmal nur die "Bedeutung" und Schreibweise des Kanji, die Lesungen spielen an dieser Stelle keine Rolle, d.h. japanische Wörter kommen in diesem Buch gar nicht vor. Außerdem ist die Reihenfolge der im Buch aufgeführten ca. 2.000 Kanji unabhängig von deren Wichtigkeit oder Nützlichkeit. Die Reihenfolge basiert rein auf dem Aufbau verschiedener Erinnerungsstützen, d.h. die Kapitel sind nach unterschiedlichen Fragmenten der Kanji gruppiert, sodass die Merkgeschichten immer wieder aufeinander aufbauen. Dadurch lernt man schon relativ früh die Kanji für "Gallenblase" oder "konkav", die man im Alltag eher weniger braucht, aber deren Bestandteile zum Erlernen späterer Kanji verhelfen.

 

Eigentlich bin ich völlig überzeugt von dieser Lernmethode, aber sie lässt sich kaum mit den Sprachschulen und anderen Unterrichtsbüchern kombinierenDa ich bisher aber nicht die Zeit für ein Selbststudium von 2.000 Kanji hatte, da ich parallel ja auch viele weitere japanische Inhalte lernen wollte, habe ich dennoch einen Lernmethoden-Mix gemacht. Die ersten ca. 50 Kanji habe ich mit der Heisig`schen Methode gelernt, weitere ca. 100 mit meinen Unterrichtsmaterialien, wobei ich von diesen Kanji wahrscheinlich nur ca. 10 schreiben kann. Dafür habe ich dort die Lesungen bereits mitgeübt ...


Schriftenmix im Japanischen

In einem normalen japanischen Text werden alle drei vorgestellten Schriftsysteme parallel verwendet.

 

Für jedes Wort, das eine eigene Bedeutung hat, wird ein Kanji verwendet, für jedes Fremdwort werden Katakana genutzt und der Rest wird in Hiragana geschrieben, z.B. alle grammatischen Elemente, Partikel, Verb-Endungen (diese Hiragana-Endungen nennt man Okurigana). Das Kanji mit seiner inhaltlichen Bedeutung gibt den Wortstamm wieder, die restliche Spezifikation, z.B. ob es ein Adjektiv oder ein Verb ist, wird durch die Hiragana-Endung näher spezifiziert.

Dadurch sind die Hiragana im japanischen Schrifttext eigentlich unterdurchschnittlich repräsentiert. Aber da man dennoch jedes japanische Wort in Hiragana schreiben kann, ist es die Schrift, die in jedem Japanisch-Lern-Buch oder -Test als primäre Schreibung verwendet wird, d.h. sie ist die Basis des gesamten Japanisch-Lernens. Ein wenig frustrierend ist es schon, dass man die Hiragana nach einer Weile am besten beherrscht, aber sie am wenigsten beim Lesen japanischer Texte gebrauchen kann.

 

Die japanische Übersetzung vom Satz "Ich lerne Japanisch und Deutsch." sieht so aus (mehr zur Wortstellung und den Partikeln zwischen den Worten erfahrt ihr im Artikel zur japanischen Grammatik):

Deutsch Ich

Japanisch und

(= japanische Sprache)

Deutsch

(= deutsche Sprache)

lerne.
Japanische Aussprache Watashi wa nihon go to doitsu go o benkyoo shimasu.

Japanische Schreibweise in

Hiragana, Katakana und Kanji

私 は 日本語 と ドイツ語 を 勉強 します。

Kanji: 私 = ich, 日本 = Japan (Tag + Ursprung), 語 = Sprache, 勉強 = lernen

 

Leerzeichen zwischen den Wörtern gibt es im Japanischen übrigens für gewöhnlich nicht, da die Abwechslung zwischen Kanji und Hiragana scheinbar für genug optische Abtrennung sorgt ...


4. Die Romaji

Der Vollständigkeit halber sei auch noch die 4. Schrift erwähnt: Bei den Rōmaji (ローマ字 = römisch + Schriftzeichen), handelt es sich um das lateinische Alphabet, wie wir es kennen.

 

Romaji werden im Japanischen u.a. in Marketing-Texten genutzt, um modern, weltoffen und international zu wirken, oder als zusätzliche Beschriftung von wichtigen Schildern an Orten, an denen sich viele Ausländer aufhalten. 

 

In der U-Bahn werden die Haltestellen beispielsweise im Wechsel angezeigt: in Kanji, in Hiragana und in Romaji:

Aber es gibt noch einen viel wichtigeren Einsatzort für die Romaji: Wenn Japaner z.B. englische Tastaturen auf PCs oder Laptops verwenden, nutzen sie diese Romajis, um zu tippen, bevor am Endgerät eine Liste von Vorschlägen in Hiragana, Katakana und Kanji aus den entsprechenden Kombinationen angezeigt wird. 

 

Durch die Silbensprache ist es auch für uns gar nicht so schwer, auf Japanisch per WhatsApp oder am Laptop zu schreiben. Sobald man die japanische Tastatur auf seinem Gerät aktiviert hat, tippt man z.B. die Silbe "ma" ganz normal mit den zwei Buchstabentasten "m" + "a", dann schreibt es automatisch das Hiragana "ま". Tippt man mehrere Silben, also ein ganzes Wort, taucht ein Feld auf, indem einem das Wort in Kanji oder z.B. Katakana vorgeschlagen wird, wenn das Wort eben als solches erkannt wird.

      

Hinzukommen aber ein paar kleine Hürden, z.B. dass das Z und das Y auf meiner Tastatur vertauscht sind oder dass die Satzzeichen auf anderen Tasten hinterlegt sind ...


Die japanische Schreibrichtung

Und sind die Schriftsysteme nicht schon kompliziert genug, ist die Schreibrichtung in Japan auch sehr speziell.

 

Traditionell (z.B. in Büchern oder Briefen) schreibt man von rechts nach links, von oben nach unten

Gleichzeitig hat sich aber auch die Schreibweise von links nach rechts (wie wir sie kennen) in Japan immer mehr durchgesetzt. Im Internet oder in E-Mails wird beispielsweise nur diese Art der Schreibrichtung genutzt.

Und daneben gibt es auch ganz viele Mischformen.

 

Vor allem auf Werbeschildern sieht man die ganze Vielfalt japanischer Schriftarten und Schreibrichtungen, z.B. bei dieser U-Bahn-Werbung:


Weiterführende Literatur: 

  • J. W. Heisig / K. Gresbrand: Die Kana lernen und behalten, 2018.
  • J. W. Heisig / Robert Rauther: Die Kanji lernen und behalten, Band 1 (Bedeutung und Schreibweise der japanischen Schriftzeichen), 2017.
  • Martin Clauß / Maho Clauß: Japanisch Schritt für Schritt Band 1: Der Sprachkurs für Unterricht und Selbststudium, 2014.
  • Eri Banno u.a.: Genki 1. Second Edition: An Integrated Course in Elementary Japanese 1. Textbook 2020.

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Kommentare: 1
  • #1

    Maria (Montag, 25 Mai 2020 17:36)

    Ich glaube, ich melde mich bei der Volkshochschule jetzt doch lieber für Italienisch an!