Darf ich vorstellen? Unsere Hood!
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Meine Stadt, mein Bezirk, mein Viertel, meine Gegend,
meine Straße, mein Zuhause, mein Block.
Meine Gedanken, mein Herz, mein Leben, meine Welt
reicht vom ersten bis zum sechzehnten Stock.
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(Sido: Mein Block)
Wer meinen Artikel über den japanischen Wortschatz aufmerksam gelesen hat, weiß, was "natsumeku" [夏めく = Sommer + Anschein] bedeutet: "es fühlt sich bereits nach Sommer an, obwohl noch gar nicht Sommer ist".
Natsumeku beschreibt unser Leben gerade sehr treffend: Wir bekommen einen Vorgeschmack auf den heißen Sommer in Japan. Die Temperaturen steigen seit Wochen und mit ihnen die Luftfeuchtigkeit.
Spaziergänge in die Nachbarschaft
Da viele Sehenswürdigkeiten und andere interessante Plätze corona-bedingt noch geschlossen hatten, nutzten wir die vergangenen Wochenenden, um die Stadtteile Tokyos zu Fuß zu erkunden.
Während wir beim Yamathon Tokyo einmal umrundeten und damit von "außen" betrachteten, musste nun das Innere erforscht werden.
Die zentrale Lage unserer Wohnung im Stadtviertel Akasaka nutzend, machten wir uns in ausgedehnten Spaziergängen auf den Weg in die verschiedenen Himmelsrichtungen. Denn in 1 bis 3 Stunden kann man von unserem Zuhause aus eigentlich jede Haltestelle der Yamanote Line, die ja in gewisser Weise die Außengrenzen des Stadtkerns Tokyos markieren, erlaufen.
Richtung Westen
Der Weg nach Westen führt einen relativ schnell zum Friedhof Aoyama, der den Spitznamen "Prominentenfriedhof" trägt, da hier einige historisch und kulturell wichtige Persönlichkeiten ihre letzte Ruhe gefunden haben – vor allem während der Meiji-Epoche. In einem der Gräber liegt zum Beispiel Professor Hidesaburo begraben, das Herrchen des treuen Hundes Hachiko.
Aoyama ist ein wunderschöner Friedhof mit alten Gräbern, die ich als wabi sabi beschreiben würde, und verwachsener Natur, aber auch breiten Wegen zum Flanieren. Umgeben von Hochhäusern nur eine von vielen grünen Oasen in mitten der Großstadt Tokyos.
Geht man von hier aus weiter gen Westen, trifft man auf den Yoyogi Park, zu dessen Gelände der berühmte Meiji Schrein gehört, den wir bereits in unserer ersten Woche in Tokyo besucht hatten. Der Park ist ein wunderbarer Ort zum Picknicken und Frisbee spielen. Zwischen Shinjuku und Shibuya gelegen, ist er aus allen Richtungen gut erreichbar und auch nicht weit von meiner Sprachschule entfernt, weshalb er sich zum üblichen Treffpunkt mit meinen Mitschülern für einen gemütlichen Nachmittag im Park entwickelt hat.
Richtung Norden
Richtung Norden durchquert man den Ortsteil, in dem wir leben: Akasaka [jap. 赤坂 = "roter Hang"]. Unsere Wohnung liegt im südlichstem Teil Akasakas, an den direkt das Viertel Roppongi [jap. 六本木 = "sechs Bäume"] anschließt. Beide Stadtteile zählen zum Bezirk Minato [jap. 港 = „Hafen“], einer der insgesamt 23 Bezirke Tokyos.
Das Wahrzeichen Akasakas nennt sich Akasaka Sacas und ist ein Konstrukt aus 5 riesigen Gebäuden, die zusammen eine "Stadt in der Stadt" verkörpern: ein Gebäudekomplex, der alles beherbergt, was für das Leben benötigt wird: Büros, Wohnungen, Einkaufsmöglichkeiten, Fitness Studios, Restaurants, Theater, ...
Der Name "Akasaka Sacas" hat uns in unserer Anfangszeit viel Anstrengung gekostet. Denn wir konnten uns zu Beginn noch nicht mal den Stadtteil-Namen "Akasaka" merken oder vom Bezirk "Asakusa unterscheiden". In der Kombi mit dem Zusatz "Sacas" wird das Wort dann zu einem fiesen Zungenbrecher für Japan-Frischlinge, vor allem, wenn man den Begriff nicht geschrieben sieht, sondern nur in Gesprächen aufschnappt.
Da uns Akasaka Sacas – umgeben von Mauern – vom direkten Gang nach Norden abhält, führt uns der Weg nach Nordosten. Vorbei am Hie-Schrein bringt einen der Spaziergang direkt ins Herz Tokyos, erst zum Parlamentsgebäude, dann zum Chiyoda Park mitsamt dem Kaiserpalast, der sich nur ein paar Gehminuten entfernt vom Hauptbahnhof Tokyos befindet (der aber kleiner ist als z.B. der Bahnhof Shinjuku im Westen der Stadt).
Auf der anderen Seite des Chiyoda Parks steht man dann schon mittendrin im Ortsteil Otemachi, in dessen zahlreichen Hochhäusern irgendwo Ulis Arbeitsplatz zu finden ist und wir unsere ersten Wochen im Hotel verbracht hatten.
Richtung Süden
Südlich von unserer Wohnung liegt unser kleiner Lieblingspark Hinokicho Koen, den wir von unseren Fenstern aus sehen können und nach dem das Haus, in dem wir leben, benannt ist.
Ist der Park durchquert, landet man im Stadtteil Roppongi, berühmt für seine Bars und Clubs und das rege Nachtleben.
Mit den sogenannten Roppongi Hills befindet sich auch hier ein berühmter "Stadt in der Stadt"-Komplex, der das berühmte Mori-Kunstmuseum mit der Spinnen-Skulptur "Maman" vor seinen Toren beherbergt und einen Wahnsinns Ausblick über die Stadt bietet.
Verlässt man die Roppongi Hills, die auf einer kleinen Anhöhe liegen, nach Süden, landet man in einer ruhigeren Ecke Minatos, in der viele Botschaften und Konsulate einquartiert wurden.
Einige von ihnen sind rund um den Prinz-Arisugawa-Gedächtnispark gruppiert. So auch die Deutsche Botschaft, zu deren Gelände ein Swimming Pool und ein Fußballplatz gehören (kann man bei Google Maps bewundern).
Die Mauern der Deutschen Botschaft sind mit Wörtern versehen, die es nur im Deutschen gibt – samt Erklärung auf Japanisch. Vielleicht ist es ja typisch Deutsch, dass ich mich so gerne mit Wörtern beschäftige, die es nur im Japanischen gibt?
Richtung Osten
Ich muss gestehen: Ein Spaziergang direkt nach Osten fehlt uns noch.
Dafür kennen wir den Südosten umso besser. Dort steht nämlich eines der bekanntesten Wahrzeichen Tokyos: der Tokyo Tower.
Der nach Vorbild des Eiffelturms erbaute Fernsehturm ist 332,6 Meter hoch und befindet sich im Shiba-Park neben dem buddhistischen Zojo-ji-Tempel und kann zu Fuß oder mit dem Aufzug besichtigt werden.
Weiter nach Osten würden wir von hier aus ziemlich schnell auf den Hafen und die Docks Tokyos treffen.
Dort gibt es aber mit der Insel Odaiba, den Stadtstränden oder auch dem Disneyland so viel zu entdecken, dass wir diese Gegend lieber in Form eines Tagesausflugs erkunden.
Merke: Wir müssen noch Spaziergänge nach Norden bzw. Nord-Westen sowie direkt nach Osten unternehmen.
Am besten so schnell wie möglich, bevor es im "natsu" (= Sommer) zu heiß für Spaziergänge durch die Stadt wird.
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Maria (Sonntag, 21 Juni 2020 17:29)
Es fühlt sich nicht nur so an, es ist wirklich Genuss, deine Blogs zu lesen. Ob es dafür wohl auch ein japanisches Wort gibt?