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Mein 2. Geburtstag in Japan


Japanisches Geburtstagswochenende auf Izu


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Alles ist nur noch halb so beschissen,

wenn die Sonne scheint.

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(Casper: Ganz schön okay)


Die Zeit vergeht wie im Flug: Schon ist mein 2. Geburtstag in Japan vorbei. 

Wer sich noch an den Artikel über meinem letzten Geburtstag erinnert, weiß vielleicht, dass der nicht ganz so schön war, wie geplant oder erhofft: Regen, Stress, Corona-Beschränkungen, Unklarheit, Frustration, ...


Auch dieses Jahr hatten sich die Corona-Voraussetzungen nicht verbessert: Emergency State, weiterhin Unklarheit, wie es weitergeht, immer noch keine Treffen mit Menschen-Gruppen, keine Veranstaltungen, Restaurant-Schließungen um 19 Uhr usw.


Aber wie im letzten Jahr entschieden wir uns, den Feiertag am Dienstag (schließlich hatte der japanische Kaiser Naruhito auch dieses Jahr wieder Geburtstag) für einen verlängerten Wochenendausflug zu nutzen.


Diesmal sollte es auf die Halbinsel Izu (jap. 伊豆半島) gehen, die südwestlich von Tokio liegt. Da die Stadt Atami (jap. 熱海 = „heißes Meer“) für ihre frühe Pflaumenblüte ab Mitte Februar bekannt ist und sich nur ca. 2 Stunden mit dem Zug von Tokyo entfernt befindet, wurde sie unser Ausgangspunkt für die Erkundung des Nord-Ostens der 1.400 km² großen Halbinsel.


Um die Spannung direkt aufzulösen: Diesmal wurde es ein wunderbar-entspanntes Geburtstagswochenende!

 

Warum war diesmal alles besser als letztes Jahr?

  • Sonne statt Regen
  • Meer- & Naturnähe statt Städtetrip
  • 4 entspannte Tage statt 2 vollgepackte
  • bessere Verständigung auf Japanisch
  • jeden Tag ins Onsen
  • Treiben-Lassen statt Sightseeing
  • Bewusstsein für unsere (mit Deutschland verglichen) privilegierte Corona-Situation
  • Übernachten im Ryokan mit Abendessen und reichlich Sake
  • Wandern und Zu-Fuß-Erkundungen statt ständige Bus- und Taxifahrten
  • Pause vom vielen Arbeitsstress der letzten Monate 
  • geringere Ansprüche durch die anhaltende Corona-Lage
  • Japan abgehärtet
  • Nähe zum Lieblingsberg Fuji-san 

Vielleicht war es die Mischung aus all dem oder ganz einfach nur der strahlende Sonnenschein nach den grauen Wintermonaten, der mich glücklich machte.


Japan pur

Auch wenn wir bereits über ein Jahr in Japan leben, waren die 4 Tage auf Izu extrem Japanisch.

  

Zwar nur 2 Stunden von Tokyo entfernt, geht es in den kleinen Städtchen am Meer dann doch noch ein wenig ländlicher und traditioneller zu als in der Großstadt. Wir dachten zwar eigentlich, dass in Tokyo schon niemand Englisch sprechen würde, aber nach diesem Urlaub auf Izu schätzen wir es jetzt zumindest mehr, dass in Tokyo zumindest die Schilder oder grundlegende Informationen ins Englische übersetzt werden. (Für die geplanten Olympischen Spiele 2020 wurde extra aufgerüstet).
Auf Izu konnten wir nicht mal unseren Hotelnamen entziffern, da dieser nur in Kanjis angeschrieben war.


Bei unserem Hotel handelte es sich um ein traditionelles Ryokan (jap. 旅館 = Reisegasthaus) mit typischer Ausstattung:

  • ausgelegte Tatami-Matten als Boden
  • mit Washi bespannte Schiebetüren ("Shoji")
  • etwa 30 cm hoher (oder eher niedriger) Tisch mit Stühlen auf Höhe des Bodens
  • eine Art "Veranda", die nach außen hin verglast ist,
  • Futons, die wir uns wegen der Corona-Maßnahmen am Abend selbst als Betten aufbereiten mussten,
  • großes Onsen, das neben dem Spa-Element auch als Gemeinschaftsbad genutzt wird,
  • vom Hotel bereitgestellter Yukata (Alltagsvariante des Kimono), der überall im Hotel getragen wird,
  • traditionelles Abendessen im gesonderten Speisesaal

Das Abendessen bestand jeweils aus ca. 10 Gängen mit dem immer gleichen Ablauf, aber jeden Tag mit anderen Zutaten oder Gerichten zubereitet: D.h. jeden Abend stand beispielweise je ein Gang mit Sashimi und Nabe (Eintopf zum Selber-Zubereiten am Tisch) auf dem Menu, jedoch bestand das Sashimi jeden Tag aus anderen Fischen und die Nabe beinhaltete mal eine klare Brühe mit Pilzen und Tofu und mal Rindfleischstreifen, die man nach dem Kochen in der Soja-Brühe in dreierlei Soßen aus Miso dippen konnte.


Alles perfekt abgestimmt, um die kulinarische Vielfalt der Region und deren Kochkünste und Spezialitäten zeigen. (In Japan wird man übrigens immer darauf hingewiesen, wenn etwas aus Japan oder der Region stammt. So wird im Schuhladen bei den Turnschuhen einer westlichen Marke auch in den Regalen unterschieden nach "Original-Japanisch", "für den japanischen Markt entwickelt" und "Nicht-Japanisch", wobei das 3. nicht hervorgehoben wird, obwohl es doch eigentlich das wirkliche "Original" ist.)

Beim Abendessen wurde uns jeden Abend eine andere Service-Kraft zugeteilt und wir hatten das Gefühl, dass diese jeweils den kürzesten Stab beim Auslosen gezogen hatte und deshalb "die Ausländer" bedienen musste. Nicht, dass die Bedienungen nicht extrem nett und gastfreundlich gewesen wären, aber den meisten von ihnen merkte man die Unsicherheit vor dem Englischen und die Angst vor möglichen Fragen schon von Weitem an. Denn sie wollten alles richtig machen und dementsprechend die einzelnen Gänge und Zutaten vollständig erklären, was bei diesen Spezialitäten aber nicht mal mit guten Englischkenntnissen ohne Weiteres möglich wäre.
Dabei sind wir doch eigentlich so unkomplizierte Gäste und dankbar für alles, was wir serviert bekommen. Aber durch meine Meeresfrüchte-Allergie muss ich bei so einem Nicht-À-La-Carte-Restaurant ohne Menu-Karte zumindest ein bisschen kommunizieren und Rückfragen stellen.


Kleiner Abriss zu meiner Meeresfrüchte-Allergie:

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Japan den Sammelbegriff "Meeresfrüchte" für alle Weich- und Krustentiere nicht. Das japanische Wort für "Seafood" (jap. シーフード, ausgesprochen: "Schiifuudo") beinhaltet auch Fische, was im englisch-sprachigen Raum übrigens genauso ist, wie ich erfahren habe.

  • Wenn ich also sage, dass ich kein "Seafood" esse, bekomme ich auch keinen Fisch serviert. Dies würde die Auswahl in Japan aber sehr beschränken und es auch der Küche sehr erschweren, einzelne Gerichte abzuändern.
  • Wenn ich sage, dass ich keine Meeresfrüchte esse, aber Fisch kein Problem sei, sind die Japanerinnen und Japaner sehr verwirrt und zweifeln an meiner oder ihrer korrekten Wortwahl.
  • Wenn ich sage, dass ich keine Krusten- und Weichtiere esse, sind die Leute in Japan genauso ratlos wie es in Deutschland der Fall wäre, weil die meisten nicht wissen, was jeweils zu diesen Kategorien zählt.

Deshalb habe ich mir angewöhnt, auf Japanisch zu sagen: "Ich kann keine Garnelen, Muscheln und Krebse essen." Das klappt meistens ganz gut, da es alle Klassiker abdeckt, aber verhindert trotzdem nicht, dass ich dann trotzdem mal ein Gericht vorgesetzt bekomme, dass Meeresschnecken, Langusten oder Hummer enthält. Gut, dass Uli immer mit einem kleinen Tausch einverstanden ist. 


Ume-Hanami

Wie die echten Japanerinnen und Japaner zelebrierten wir auf Izu das Fest der Pflaumenblüte (jap. 梅の花 = "Blüte der Pflaume", der Name der japanischen Pflaume lautet "ume").

Wie auch beim berühmten Hanami (jap. 花見 = „Blüten" + "betrachten“) in der Kirschblütenzeit wird zur Pflaumenblüte andächtig durch die Parks und Gärten spaziert und die unterschiedlichen Farben, Formen und Intensitäten der blühenden Pflaumenbäume bewundert. Die Pflaumenblüte symbolisiert in Japan Hoffnung und Regeneration, da sie eine der ersten blühenden Pflanzen ist, die nach dem kalten Winter den nahenden Frühling ankündigt.


Entlang der Jogasaki-Küste

Beim Wandern waren wir dann scheinbar wieder sehr Deutsch unterwegs: Auf dem 10-km-langen Wanderpfad ("Jogasaki Hiking Trail") begegneten wir den Japanerinnen und Japanern nämlich nur an den Stellen, an denen es extra Autoparkplätze und Aussichtsplattformen gab. 

 

Und so wanderten wir trotz des Feiertags komplett alleine entlang der zerklüfteten Jogasaki-Küste mit ihren atemberaubenden Klippen und unglaublichen Ausblicken auf den stürmischen Pazifischen Ozean.  

Zumindest unsere Brotzeit blieb aber typisch Japanisch: Onigiri und Ei.


"Grasberg" Mount Omuro

Am grünen Berghügel Omuro (jap. 大室山 = "großer Raum") trafen wir dann all die Japanerinnen und Japaner wieder, die wir beim Wandern "vermisst" hatten. Die "Besteigung" des erloschenen Vulkans ist nämlich genauso praktisch und bequem, wie man es in Japan gernhat (und ich konnte mich auch nicht beklagen): Eine Seilbahn – die langsamste und niedrigste, die ich je gesehen habe – bringt die Besucherinnen und Besucher ganz gemächlich den kleinen Berg (580 Meter hoch) hinauf. Mount Omuro ist für seine gleichmäßige Hügel-Form berühmt, die an eine umgedrehte Reisschüssel erinnert und je nach Jahreszeit komplett grün, braun und weiß gefärbt ist.

 

Oben erwartet einen ein Rundgang um den Vulkankrater (die Geh-Richtung ist natürlich vorgegeben), Foto-Plattformen, die einem den besten Blick auf den Fuji kennzeichnen, Bogenschießen im Krater (wegen Corona nicht möglich), Eis und Süßigkeiten in der Form des Hügels und natürlich jede Menge Getränkeautomaten.


Nach diesem sehr japanischen Naturwochenende ging es wieder zurück ins japanische Alltagsleben Tokyos, wo ich meinen Geburtstag übrigens nochmal zelebrierte: zur Feier des Tages in einem "Ninja"-Restaurant – d.h. sehr touristisch-kitschig (mit Ninja-Zauberstricks & Co.), aber (oder vielmehr UND) mit extrem gutem japanischen Essen.


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Kommentare: 2
  • #1

    Lissi (Sonntag, 04 April 2021 14:44)

    Bei den Bildern bekommt man Appetit auf jap. Essen, aber leider sind bei uns alle Lokale geschlossen. Und nach Japan fliegen kann man auch nicht.

  • #2

    Maria (Donnerstag, 08 April 2021 10:30)

    Wäre das eine Alternative - Geburtstagsfeier mit dem Kaiser? Im Palast?
    Oder doch lieber in der zauberhaften Natur dieses Landes?